Allen Therapieempfehlungen und Absprachen zum Trotz, werden hĂ€ufig vereinbarte Ziele in der Therapie des Diabetes mellitus von Patientinnen und Patienten nicht erfĂŒllt. Eindringlich reden wir auf unsere Patienten ein. Informieren sie, schulen sie, warnen sie und behandeln sie lange Jahre. Nur um zu verfolgen, dass es ihnen nach und nach körperlich immer schlechter geht. Eigene GefĂŒhle der Hilflosigkeit und des Scheiterns setzen ein. Folgende Frage drĂ€ngt sich hier jedoch auf: wer scheitert hier eigentlich? Ich? Der Patient oder die Patientin? Beide?
Archiv für den Monat: November 2021
Zwei ZĂŒge kollidieren: Klimawandel und Diabetes â Frontalaufprall oder Teufelskreis?
Der menschengemachte Klimawandel gefĂ€hrdet unsere Gesundheit. Mit dieser Aussage ĂŒberraschte mich Professor Rainer Sauerborn in der Session Klimawandel und Diabetes zunĂ€chst nicht. Vermehrt findet die Tatsache Einzug ins Medizinstudium, die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit KLUG informiert darĂŒber, Health for Future geht dafĂŒr auf die StraĂe. Und dennoch: Wieso gerade Diabetes? Infektionskrankheiten, Nahrungsmittelunsicherheit und Atemwegserkrankungen kamen mir schnell in den Sinn â ein hoher Blutzucker wĂ€re ehrlich gesagt nicht meine erste Idee gewesen. Professor Sauerborn aber erklĂ€rt wie Klimawandel und Diabetes sich gegenseitig verschĂ€rfen.
,,Morgens reicht mir mein Kaffeeââ â Warum wir doch FrĂŒhstĂŒcken sollten!
Bei der Frage, wann man essen sollte und welche Form des Fastens denn jetzt die richtige ist, gibt es bestimmt genauso viele Meinungen wie es Methoden gibt. Etwas Licht ins Dunkel brachte Professorin Anja Bosy-Westphal von der Christian-Albrechts-UniversitĂ€t zu Kiel. In ihrem Vortrag âIntervallfastenâ im Rahmen der Sitzung âErnĂ€hrung und Bewegung bei Adipositasâ bei der Diabetes Herbsttagung 2021, die gemeinsam mit der Deutschen Adipositas Gesellschaft ausgerichtet wurde, berichtete sie ĂŒber den Zusammenhang vom Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme und den Auswirkungen auf Körpergewicht, kardiometabolisches Risiko sowie Zucker- und Fettstoffwechsel.
Adipositas – PrĂ€vention im Fokus
Laut Daten der WHO aus dem Juni dieses Jahres, sterben jĂ€hrlich mehr als 2,8 Millionen Menschen weltweit an den Folgen von Adipositas und Ăbergewicht. Und das, obwohl mit einer frĂŒhen und effektiven Behandlung Folgeerkrankungen und MortalitĂ€t deutlich reduziert werden könnten. Als Angehörige der Gesundheitsberufe sollten wir deshalb bereits stĂ€rker in der PrĂ€vention ansetzen und unsere Patientinnen und Patienten sowie Kolleginnen und Kollegen fĂŒr diese Problematik sensibilisieren. Â
Dieser Thematik widmet sich derzeit ein interdisziplinĂ€res Board im Rahmen der Ăberarbeitung der S3-Leitlinie „PrĂ€vention und Therapie der Adipositas“, aus der einige Punkte wĂ€hrend der DDG-Herbsttagung vorgestellt wurden. Neu ist, dass hier neben Empfehlungen zur LebensfĂŒhrung und zur IndividualprĂ€vention auch Aspekte der bevölkerungsbasierten PrĂ€vention einflieĂen sollen. Unter anderem z.B. die Einhaltung der DGE-Empfehlungen zur Gemeinschaftsverpflegung in Kitas oder Betrieben sowie die öffentliche Förderung von körperlich aktiven Formen der Freizeitgestaltung (z.B. SchwimmbĂ€der, Sportvereine). WĂ€hrend in den vorherigen Fassungen der Leitlinie hauptsĂ€chlich ErnĂ€hrung und körperliche Bewegung als Risikofaktoren fĂŒr eine Gewichtszunahme im Fokus standen, könnten nun erstmals auch Faktoren wie zum Beispiel psychische Erkrankungen mehr an Bedeutung gewinnen. Diskussionsbedarf besteht aktuell auch bei der Frage, wie politisch sich eine Leitlinienempfehlung positionieren darf, etwa mit einer Empfehlung zur EinfĂŒhrung einer Steuer auf Softdrinks. Auch auf eine einfache Translation von der Leitlinie in die Praxis auf den verschiedenen Ebenen soll wertgelegt werden, etwa durch gezielte Angebote wie eine Patientenleitlinie, verstĂ€rkte Ăffentlichkeits- und Medienarbeit, aber auch durch eine Praxisleitlinie und politische Lobbyarbeit.Â
Wie wir noch Vertrauen lernen mĂŒssen â und warum das völlig okay ist
In diesem Jahr durfte ich, nach lĂ€ngerer (Corona-bedingter) Pause, endlich wieder vor Ort Reisestipendiatin in Wiesbaden zum Herbstkongress 2021 am 5. bis 6. November sein. Nachdem mir der Kongress in Berlin 2019 gut gefallen hatte, hatte ich mich entschlossen, mich erneut bei der DDG zu bewerben. Die Freude war groĂ, als im Oktober die positive RĂŒckmeldung kam und fĂŒr mich klar war: ich reise nach Wiesbaden und bringe mich vor Ort thematisch auf den neuesten Stand.
Ein Vortrag, dem ich unter anderem beiwohnte, galt dem Thema Digitalisierung und der Frage: âDropoutrate bei Insulinpumpe/CGM: sind Merkmale dieser Patientengruppe schon erkennbar?â von Frau Sandra SchlĂŒter (Northeim). Da ich selbst Pumpen- und CGM-TrĂ€gerin bin und den Kongress auch explizit nutzte, mich auf der Messe ĂŒber die neuesten Closed-Loop Systeme schlau zu machen, fand ich diese Frage durchaus interessant. Denn fĂŒr mich ist ein Leben ohne Pumpentherapie mittlerweile undenkbar.
Kopf ĂŒber Bauch? – Unser Gehirn im Zentrum des Zusammenwirkens von InsulinsensitivitĂ€t, Essverhalten und Körpergewicht
âOhne Adipositasepidemie gĂ€be es keine Diabetes mellitus Typ 2 Epidemie.â In Zeiten, in denen der Begriff âEpidemieâ fest im alltĂ€glichen Sprachgebrauch etabliert ist, wies dieser eindrĂŒckliche Satz von Professor Tschöp im Rahmen der diesjĂ€hrigen Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Kooperation mit der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG) nicht nur auf die dramatisch steigende PrĂ€valenz von Adipositas und Diabetes mellitus Typ 2 in der Weltbevölkerung hin, sondern öffnete auĂerdem ein komplexes Themenfeld rund um die Fragestellung nach ZusammenhĂ€ngen zwischen Insulinresistenz, Adipositas und Essverhalten.Â
Schlank und fit?
Schöne Menschen umgeben uns, wohin auch immer wir uns wenden. Sie sind schlank, makellos und Ă€uĂerlich perfekt, sie lĂ€cheln uns von den Titelseiten der Boulevard-BlĂ€tter an, sprechen im Fernsehen zu uns und wecken ein Verlangen in uns. Der Traum von der guten Figur ist oft auch verknĂŒpft mit dem Gedanken, an ein gesĂŒnderes Leben.
Adipositas ist eine Krankheit. Weltweit leiden mittlerweile mehr Menschen an den Folgen von Ăbergewicht als an Hunger. Und zu all den gesundheitlichen EinschrĂ€nkungen kommt der gesellschaftliche Druck hinzu, der oftmals schwer auf den Menschen lastet. Sie werden stigmatisiert, vorverurteilt und ausgegrenzt. Auch unbewusst fallen wir alle in dieselben Denkmuster und mĂŒssen jeden Tag daran arbeiten, einander nach dem zu beurteilen was in uns steckt und nicht nach dem, was man uns von auĂen ansieht. Die Session âStigmatisierung bei Adipositas und assoziierten Erkrankungenâ (moderiert von C. Luck-Sukorski und S. Clever) zeigte uns in beispielhafterweise, worauf Ărztinnen und Ărzte in ihrer tĂ€glichen Arbeit mit von Stigmatisierung betroffenen Patientinnen und Patienten achten sollten.
Happy Birthday, Insulin! RĂŒckblick, Ăberblick und Ausblick ĂŒber die Insulintherapie in der Kinderheilkunde
Die erste Insulingabe am 11. Januar 1922 war eigentlich kein vollkommener Erfolg â die Ketonwerte blieben gleich und es gab einen sterilen Abszess. Am 25. Februar war es viel besser: das Insulin war rein genug, um die Glukosewerte bei Leonard Thomson zu senken und die Ketone verschwinden zu lassen.
Das Insulin hat viele Gesichter, sagt Professor Thomas Danne in seinem Vortrag zur âInsulintherapie in den letzten 100 Jahrenâ. Zum Einen ist es ein Lebensretter, zum Anderen aber ein Ziel des Immunsystems (als Autoantikörper) und somit auch vielleicht eine potentielle Möglichkeit in der PrĂ€vention des Diabetes.
Konvex oder konkav?
Nach 7 Jahren Wartezeit und 6 œ Jahren Medizinstudium (inklusive der Geburt von 2 Kindern) startete ich voller Tatendrang und Wissen in mein berufliches Leben in einer Diabetologischen Schwerpunktpraxis weit weg von zu Hause. Nach einer so langen Zeit mit Höhen, Tiefen, Generalwiederholung und einer NeurologieprĂŒfung am Tag nach dem WM-Finale 2014 dachte ich, ich bin auf alles vorbereitet. Dann traf ich auf meine gröĂte Herausforderung: Die Patientinnen und Patienten.
Ich bin klÀglich gescheitert.
Ărztinnen und Ărzte als Grenze der Digitalisierung?
Seit Ende 2019 das Digitale Versorgungsgesetz in Kraft getreten ist, haben Patientinnen und Patienten den Anspruch auf digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs), welche von den Krankenkassen erstattet werden. Voraussetzung um als erstattungsfĂ€hige DiGA in einem Verzeichnis gelistet zu werden, ist das Durchlaufen eines PrĂŒfverfahrens des Bundesministeriums fĂŒr Arzneimittel und Medizinprodukte. Dieses Verfahren prĂŒft nicht nur Produkteigenschaften und Datensicherheit, sondern auch den Nachweis eines positiven Versorgungseffektes. (https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Aufgaben/DiGA/_node.html)